Der Hawthorne Effekt oder warum wir neue Bögen lieben

Wie viele Bögen hast du?

Komm, sei ehrlich!

Zwei? Drei? Noch mehr?

Bogenschützen lieben es einfach, sich einen neuen Bogen zu kaufen. Der neue ist immer ein wenig besser als der vorherige. Es läuft einfach besser und die Pfeile fliegen mit dem neuen wie an einer Schnur gezogen ins Ziel. Ich weiß… 😉

Die Vermutung liegt also nahe, dass ab Werk eine Schicht „Magie“ oder sowas aufgetragen wird. Doch nach ein paar Wochen oder Monaten ist sie leider schon abgegriffen, und du triffst mit dem neuen auch nicht viel besser als mit dem alten.

Das ist der Hawthorne Effekt!

 

Hawthorne Effekt ist das „New-bow-Phänomen“

Schon bevor ich von dem Hawthorne Effekt erfahren habe, habe ich genau diese Erfahrung gemacht und „new-bow-Phänomen“ genannt. Sowohl bei mir selbst als auch als Bogensport-Händler bei meinen Kunden.

In meinem Buch „Balanced Mind – Bogenschießen für hochsensible Menschen, beschreibe ich das daher auch. Hier ein kurzer Auszug aus dem Buch:

Der Bogen scheint oftmals der magische Gegenstand. Ihm wird viel Bedeutung beigemessen, und die meisten Schützen sind bereit, das meiste Geld in diesen Teil der Ausrüstung zu investieren.

Eine Überbetonung dieses Punkts führt aber meist nur kurzfristig zu einem größeren Erfolg beim Bogenschießen, da die Elemente nicht in Balance sind.

magisches dreieck: der bogen

Manche Schützen kennen das vielleicht als das »New-bow-Phänomen«. Kauft man sich einen neuen Bogen, schießt man die erste Zeit plötzlich viel besser. Der neue Bogen scheint magisch, doch bereits nach kurzer Zeit kommen die alten Probleme wieder zum Tragen, und das Ergebnis ist plötzlich nicht mehr so gut. Meiner Meinung nach liegt das an der mentalen Motivation, die von einem neuen Bogen ausgeht. Unser Geist ist überzeugt davon, dass der neue Bogen soviel besser ist, dass er weniger in die Abläufe des Unterbewusstseins eingreift und dieses stärker wirken kann. Daher treffen wir dann auch besser. Doch irgendwann erkennt unser Verstand, dass der neue Bogen wohl doch nicht magisch ist, und wir fallen in die alten Muster zurück.

Es ist ein wenig wie in Beziehungen: Am Anfang sind wir frisch verliebt und sehen alles durch eine rosarote Brille, irgendwann setzt die Gewohnheit ein, und wir erkennen unsere Schwächen in den Schwächen des Anderen.

 

Das Experiment zum Hawthorne Effekt

Vor einiger Zeit bin ich dann auf die Beschreibung eines psychologischen Experiments gestoßen, dessen Ergebnis Hawthorne Effekt genannt wird. Hier eine kurze Zusammenfassung von dem Versuchsaufbau:

In einem Büro wurde den Angestellten gesagt, dass besseres Licht die Arbeitsergebnisse positiv beeinflussen würde. Und als das Licht ein klein wenig heller gemacht wurde, stieg die Produktivität tatsächlich auch. Dann wurde ihnen gesagt, dass noch helleres Licht noch besser wäre … und tatsächlich stieg die Produktivität wieder. Dann wurde den Teilnehmern gesagt, dass man nun das optimale Lichtniveau gefunden hätte und als das Licht angepasst wurde, stieg die Produktivität nochmal. Und bei der letzten Änderung wurde das Licht genau so eingestellt, wie es vor dem Experiment war!
Aber bereits nach ein paar Wochen fiel die gemessene Produktivität auf den selben Wert, den sie vor dem Experiment hatte.

 

Was dir das Wissen um den Hawthrone Effekt als Bogenschütze bringt

Was nützt es dir also, dieses Experiment und sein Ergebnis zu kennen? Was kannst du für dich als Bogenschütze daraus ableiten?

Ein neuer Bogen wird immer besser schießen, bzw. du wirst mit einem neuen Bogen oftmals besser treffen. Nicht weil der neue Bogen so viel besser ist, sondern auf Grund des Hawthorne Effekt, weil du die Erwartung hast, dass der neue Bogen besser ist. Dein emotionaler Entschluss, ein neues Schätzchen zu deiner Bogen-Sammlung hinzuzufügen wird so rational gestützt und du fühlst dich gut bei dem Kauf.

Heißt das, dass alle Bögen gleich gut sind?

Sicher nicht!

Es gibt deutliche Qualitätsunterschiede bei den Bogen. Die Frage ist nur, schießt du bereits so gut, ist dein Bewegungsablauf so perfektioniert und deine mentale Stärke so beinhart, dass du den Unterschied über den Hawthorne Effekt hinaus bemerken wirst?

Oder ist es einfach der bequemste Weg, der Punkt den wir mit dem geringsten Zeit- und Arbeitsaufwand optimieren können? Es ist einfacher und vor allem deutlich weniger Zeit-intensiv, Geld gegen einen neuen Bogen zu tauschen, statt Zeit in ein kontinuierliches Training zu stecken, bei dem die Ergebnisse zwar langfristig ansteigen, aber es nur wenige kurzfristige Erfolgserlebnisse als Motivations-Booster gibt.

Was könntest du also daraus für dich ableiten?

  1. Kauf dir einen Bogen, mit dem du dich wohlfühlst und der vor allem von der Kraft her, zu deinem Trainingsstand passt
  2. Trainiere regelmäßig, dafür kürzer. Täglich 15 Minuten bringen mehr, als einmal 1,5h im Monat.
  3. Wenn du das Gefühl hast, dass der Schuss optimal war in Bezug auf deine Bewegung und deine Konzentration, der Pfeil aber nicht dort getroffen hat, wo du es erwartet hast, dann gehe an die Optimierung deiner Ausrüstung

Doch bei allem rationalen Wissen, bei aller Vernunft, manchmal ist es auch einfach nur schön, sich einen neuen Bogen zu kaufen! Ich weiß…

 

Gewinnspiel

Kennst du den Hawthorne Effekt bei dir als Bogenschütze auch? Hast du das auch schon mal erlebt, dass du dir einen neuen Bogen gekauft hast und dachtest „jetzt treffe ich viel besser“ und nach ein paar Tagen, Wochen oder Monaten war alles beim alten? Schreib mir gerne von deiner Erfahrung unten in die Kommentare.

Wenn du auf der Suche nach dem für dich passenden Bogen bist, dann ist die Jagen und Fischen„-Messe in Augsburg am kommenden Wochenende vielleicht genau das richtige für dich.

Unter allen, die mir bis 17.1.2017 23:59 einen Kommentar mit ihrer Erfahrung zum Hawthorne Effekt schreiben, verlose ich 3 Freikarten (Tageskarten). Ich verschicke sie gleich per Post, so dass du sie hoffentlich noch rechtzeitig bekommst. Der Rechtsweg usw. ist natürlich ausgeschlossen!

Ich freue mich schon sehr darauf, am Samstag und Sonntag auf der Messe einen Vortrag zum Thema „Bogenschießen für hochsensible“ Menschen halten zu dürfen. Also, vielleicht sehen wir uns dort?!

 

 

 

14 Gedanken zu „Der Hawthorne Effekt oder warum wir neue Bögen lieben

  • 16.01.2017 um 19:19
    Permalink

    Hallo J-C,

    möchte mal behaupten das sich der Effekt sich noch auf eine andere Weise auswirken tut.
    Mir fällt immer auf – und ich schließe mich selber dabei nicht aus – das man immer gerne die Treffer überbewertet.
    Um mal ein Beispiel zu bringen: – siehe Fotos bei den Bogenschützen.
    Man kann 100 x 😉 daneben schießen – da macht man kein Foto – aber wenn der Pfeil im Kill ist – dann wird ein schönes Foto gemacht.
    Vielleicht neigt man auch dazu – bei einem neuen Bogen sich noch mehr auf die Treffer zu fixieren.

    Gruß Rudi

    Antwort
  • 16.01.2017 um 22:46
    Permalink

    Hallo,
    mir ist dieser Effekt bekannt.
    Wenn das Trefferbild bei einem Turnier nicht meinen Erwartungen entsprach,
    habe ich gerne mal den Satz Pfeile ausgetauscht.
    Dann lief es gefühlt meistens besser.
    Das war dann wie auf Reset drücken. Ich fang von Vorne an.
    Ich streng mich jetzt an und konzentriere mich mehr.
    LG
    H.

    Antwort
  • 20.01.2017 um 06:45
    Permalink

    Hawthorne Effekt? Bei mir und meinen 5 Bögen? Und 6 Paar Wurfarmen? Niemals! :-))

    Ich habe jetzt meine Hawthorne-geprägte Material-Probierphase hinter mir, und den Effekt weidlich ausgenutzt. Mittlerweile weiß ich aber durch das Kaufen und Ausprobieren sehr gut Bescheid über das, was mir an Material wirklich passt, und konzentriere mich wieder auf den Schussablauf. Das ist ein positiver Effekt, denke ich. Bin mal gespannt, wie lange das hält …
    Übrigens gilt der Hawthorne-Effekt nich nur bei Bögen, sondern auch bei sämtlichen anderen (technischen) Spielzeugen; sei es Playstation oder Kamera mit Wechselobjektiven …

    LG
    Walter

    Antwort
  • 26.01.2017 um 06:28
    Permalink

    Einen Nachtrag habe ich noch: der Hawthorne-Effekt hat auch dazu geführt, dass ich noch schieße! Momentan hängt die Schulter daneben, und wenn ich nicht schwächere WA und ein kleineres Blankbogen-Gewicht im Regal gehabt hätte (die ja alle durch stärkere bzw schwerere Dinge ersetzt wurden), könnte ich gar nicht mehr schießen und müsste Pause machen. Also, sooo schlimm ist das alles nicht :-))

    Antwort
    • 26.01.2017 um 18:31
      Permalink

      Hey Walter, auf jeden Fall super, dass du da die richtigen Mittel hast um weiter zu machen. Und doch denke ich, dass das dieses mal nicht unbedingt der hawthorne-Effekt war. Eine planmäßige Erweiterung des Material, z.B. um das Zuggewicht zu steigern oder zu senken, kann durchaus Sinn machen. Bei dem Effekt glauben wir ja, durch das Material besser zu schießen, obwohl es vielleicht gar nicht besser ist. Das verpufft dann sehr schnell. Ein besserer oder angepassterer Bogen kann auch langfristig helfen um besser zu treffen. Doch meist kommt da erstmal das „Tal der Tränen“: das Trefferbild wird zunächst schlechter, bevor es besser wird.

      Wie auch immer: schön, dass du weiter Pfeil und Bogen für dich nutzen kannst! 🙂

      Antwort
  • Pingback: Veränderungen fühlen sie doch Sch*** an - bogenblog

  • 29.07.2017 um 21:42
    Permalink

    Mir fällt dazu folgendes ein.
    Als ich mit Bogenschiessen begann hatte ich einen Leihbogen. Für Schlappe 60 Euro:
    Bogen 24# mit der Option die Wurfarme während der Mietzeit zu tauschen , Spannschnur und 5 Pfeile. Dünne Pfeile von Cross X die im Verein nur die Anfänger benutzten. Leicht belächelt wagte ich mich nach einigen Wochen auf den 3 D Parcours. Ich traf nicht immer da es doch was anderes war als immer relativ gleichstehend auf Scheibe zu schießen. Meine 5 Pfeile waren oft sehr lädiert und bedurften Reperaturen. Im laufe der Zeit stockte ich die Pfeile auf 8 stück auf obwohl alle abwinkten und mir rieten nun dickere bessere Pfeile zu schießen. Es kam mein Geburtstag kurz vor Weihnachten und man beschenkte mich mit 7 teuren Pfeilen und einem Gutschein um einen guten Bogen auszusuchen. Weihnachten war das gute stück dann unterm Baum, Edel sah es aus und teuer.
    Es kam der erste Tag im Parcoeurs und die 7 neuen Pfeile waren Kernschrott. Nach etlichen neuen Pfeilen und Ausgaben besann ich mich auf meinen Leihbogen den ich mir aus Nostalgie Gründen und weil es mein erster Bogen war gegen einen zusätzlichen Obulus von 40 € gesichert hatte. Ich hängte den neuen Bogen an die Wand und ging mit der alten Mittlerweile 32# „Gurke“ und neuen Cross X Fertigpfeilen zu 6 € das stück in den Parcours.
    Was soll ich sagen ? Neu, Teuer und Edel aussehend ist nicht das was zählt. Mir reicht der Bogen für 100 €. Der neue hat den Platz des alten an der Wand eingenommen. Pfeile muss ich nun nur alle paar Monate mal kaufen. Das Kill ist oft meines. Gastschützen grinsen des öftern wen sie mit in den Parcours gehen über den Bogen. Bei rausgehen ziehen sie oft lange Gesichter.

    Antwort
    • 30.07.2017 um 09:11
      Permalink

      Nachtrag:

      Es ist nicht so das der neue Bogen oder die Pfeile dazu schlecht sind. Nein der Bogen ist sein Geld Wert und die Pfeile sicher auch. Bei mir ist es einfach glaube ich nur der Gedanke :
      „Im Gelände könnte ja was dran kommen oder die Pfeile zerbrechen“.
      Das ist dan sicher das Gesetz von diesem Murphy.

      Antwort
  • 14.08.2017 um 23:12
    Permalink

    Murphy kenne ich nicht, aber mittlerweile habe ich auch gelernt, niemals den Rat eines ‚Experten‘ 1:1 umzusetzen. Bei dir, Oktavian, liest sich das eher wie ein Fall von Kopfologie: mir ist das egal, wie mein Bogen aussieht, schön schießen und wunderbar treffen können mus ich damit. Ich habe mir immer mal wieder ‚billiges‘ Zeugs gegönnt, teils auch einfach nur zum spielen, oder weil ich es wissen wollte. Mein billigster Recurve hat komplett als Neubogen 215,- incl Sehne, aber ohne Gewicht, gekostet, und sah nach 4 Monaten Halleneinsatz aus wie gerupft. War egal, weil ich damit einfach zufrieden war :-))
    Also, nimm auch gerne deinen neuen Bogen einfach in den Parcours mit, und sieh zu, dass du damit schön schießt!

    Antwort
  • 21.03.2018 um 20:32
    Permalink

    Falls jemand aus der Psychologie zufällig hier drauf gestoßen ist und sich fragt ob das was hier beschrieben wird, wirklich der Hawthorne-Effekt ist – Nein natürlich nicht.
    Der Hawthorne-Effekt bedeutet eigentlich, dass die Beobachtung an sich schon eine Veränderung des Verhaltens nach sich ziehen kann & dass Erwartungen die durch die Versuchsleiter formuliert werden ein konsistentes Verhalten nach sich ziehen kann.

    Entschuldige, dass ich deinen Beitrag crashe! Ich wollte nur angehenden Psychologen, die eventuell verwirrt sind, weil sie auf diese Seite stoßen, Verwirrung ersparen.

    Unabhängig von der leider inkorrekten Verwendung:
    Mir gefällt aber sehr wie elegant du diesen Effekt als Grundlage für deinen Blogeintrag genutzt hast und eine (offensichtlich) wichtige Botschaft damit vermitteln konntest.

    Viele Psychologen, und auch ich, haben häufig Schwierigkeiten damit die Effekte und Theorien so realitätsnah anzubringen wie du das gemacht hast!

    Antwort
    • 23.03.2018 um 14:22
      Permalink

      Hallo Daniel, danke für deine Meinung zu dem Artikel hier als Kommentar.

      Wenn man deine Definition des Hawthorne Effekt zu Grunde legt, kann ich deinen Einwand verstehen.

      Ich habe mich bei meinem Artikel an die Definition u.a. aus dem Gabler (https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/hawthorne-effekt-36293) nach Prof. Dr. Günter W. Maier gehalten:
      „Vom Hawthorne-Effekt spricht man, wenn die Ursache von beobachteten Verhaltenseffekten nicht die manipulierte unabhängige Variable ist (z.B. Beleuchtungsintensität), sondern auf das Wissen der teilnehmenden Personen zurückzuführen ist, dass sie an einer Studie teilnehmen. Unter Bezugnahme auf die Hawthorne-Experimente von Mayo (Human Relations) vorgenommene spezifische Erklärung beobachteter Verhaltensänderungen im Betrieb.“

      Und somit passt auch das von mir beschrieben New-Bow-Phänomen sehr gut als ein Praxisbeispiel des Hawthorne-Effekt. Dadurch das der Bogenschütze weiß, dass er einen neuen Bogen hat, schießt er zunächst (auch objektiv) besser. Die meisten erreichen aber bereits nach kurzer Zeit wieder das ursprüngliche Niveau, da die Verbesserung nicht auf Bogen zurück zu führen ist.
      Dieses Setting entspricht somit dem Setting bei dem Licht-Experiment und damit dem Hawthorne-Effekt.

      Der Versuchsleiter wird bei diesem Effekt als Einflussfaktor nicht erwähnt. Vielleicht verwechselst du da etwas?

      Ich freue mich also, wenn ich hier Klarheit schaffen konnte.

      Antwort

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